Blechdächer und Blechfassaden, Regenrinnen und wenn‘s hoch kommt mal ein Wetterhahn auf der Kirchturmspitze. Wo bringt man da einen Bagger unter? „Gar net!“ gesteht Jürgen Polischko, Bauflaschner-Meister aus der Nähe von Schwäbisch Hall Dennoch wüßte er nicht, was er ohne machen würde
Eigentlich wollte Jürgen Polischko vor zwei Jahren an jenem ersten sonnigen Samstag im Mai mit seinem Eder M 805 nur eine stattliche Buche aus dem Boden reißen, die begonnen hatte, die Grundmauern der historischen Scheune auf dem Grundstück seines Sohnes zu sprengen. „Doch wie‘s so isch,“ stützt sich der Hohenloher grinsend auf das Vorderrad seines blitzblank in leuchtendem Gelb erstrahlenden Bagger, „s‘ hat halt net sei solle…“ Die Buche wollte bleiben, wo sie war. Irgendwann, beim x-ten Anlauf, das lästige Gewächs endlich loszuwerden, platzte schließlich am Ölkühler seines Baggers ein Hydraulikschlauch und damit zugleich die Vorstellung, die längst fällige Wartung für das nicht gerade taufrische Gerät noch ein wenig vor sich her schieben zu können.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Längst schon war ihm klar, dass er sich um den Lagerschaden der Hydraulikpumpe und um den undichten Hubzylinder kümmern musste. Außerdem ließ ein Problem in der Elektrik auf einen Kabelbruch schließen. Ein Fall für die Vertragswerkstatt? Nun – das wäre so ziemlich das Letzte, was dem Handwerksmeister eingefallen wäre.
Klar, das hat sicher auch etwas mit der sprichwörtlichen Sparsamkeit der Bewohner dieses Landstrichs zu tun, die natürlich auch ihm in den Genen steckt und ihn antreibt, möglichst viel in Eigenleistung zu bewältigen. Aber das trifft es nicht wirklich. Auch der Umstand, dass die Marke Eder nach ihrem Konkurs Ende der neunziger Jahre von der Bildfläche verschwunden ist, taugt nicht recht als Erklärung, für das, was sich am Ende Bahn brach, nach jenem fatalen Samstag im Mai. Denn immer noch werden Ersatzteile für Eder-Bagger vertrieben und für Wartungsarbeiten stünde zumindest theoretisch die nächstgelegene Caterpillar-Niederlassung zur Verfügung, unter deren Namen seinerzeit der baugleiche Typ 206 vertrieben wurde.
Doch es kam, wie es jeder erwartet hätte, der den sympathischen Unternehmer aus Untersteinbach ein wenig besser kennt: Kaum zwei Wochen später nämlich war vom Oberwagen des 805er nur noch die Plattform zu sehen. Man konnte gerade noch erkennen, wo vor kurzem der Deutz-Diesel gewesen sein musste. Hier klaffte ein großes Loch, eingefasst von einer ganzen Armada lose herumhängender Schläuche und Kabel.
Erreichen des Point of no Return
Wenn schon, denn schon – mit diesem Grundsatz im Hinterkopf hatte er zügig losgelegt. Irgendwann bei der Demontage der ersten Baugruppen war ihm dann klar geworden, dass er längst eine rote Linie überschritten hatte: „Irgendwann kommsch‘ an den Point of no Return – dann roisch‘s elles auseinander und machsch‘s richtig.“ Richtig, das hieß am Ende, seinen Eder komplett zu demontieren und anschließend Stück für Stück instand zusetzen und neu zu lackieren.
Bedenken, einen so weitgehenden Eingriff vorzunehmen, hatte er nicht. Und das nicht nur, weil er sich mit Baggern der Marke bestens auskannte. Sondern auch, weil er bei seinem zweiten 805er immer nachsehen konnte, wie die Teile wieder zusammengebaut werden mussten. Den hatte Polischko schon Jahre zuvor erworben. Der Neuzugang, der jetzt zerlegt vor seiner Werkstatt stand und den er 2011 mit deutlich weniger Betriebsstunden für 7.500 Euro beim Baumaschinenhändler im Nachbarort gekauft hatte, sollte diesen eigentlich ersetzen.
Die Ablösung erweist sich als lahme Ente
Doch diese Geschichte nahm eine andere Wendung. Schnell stellte sich bei der weiteren Demontage heraus, dass der Vorbesitzer, ein Bauunternehmer, den Bagger mit abgeklemmtem Betriebsstundenzähler laufen ließ und somit auf diese Anzeige kein Verlass war. Und so war es dann auch kein Wunder, bei der Zerlegung des Baggerarms auf ausgeschlagene Knick-Gelenke zu stoßen, die es zu ersetzen galt – Verschleißerscheinungen, die bei einem jahrelangen Einsatz nicht ausbleiben.
Über zwei Jahre versetzte Polischko nunmehr jede Baugruppe in einen Zustand, den sie bei Ihrer Auslieferung ursprünglich gehabt hatte, tauschte Bleche aus, ersetzte Bolzen und Buchsen und beulte den Tank wieder aus. Nach ihrer Aufarbeitung fuhr er die Teile zu einem befreundeten Lackierer, der ihm in seinem Betrieb einen Raum überließ, um die Teile neu zu lackieren. Anschließend wurde der Eder sukzessive wieder zusammengebaut. Parallel zu den Instandsetzungsarbeiten erneuerte Polischko zahlreiche Verschleißteile wie Auspuff, Batterien und Hydraulikschläuche. Geholfen hat ihm dabei neben seiner Begeisterung für das Thema nicht nur sein Mut, ein solches Projekt anzufangen, und sein großer Erfahrungsschatz, sondern auch der Werkstattleiter eines Unternehmens, mit dem Polischko einige Jahre zusammengearbeitet hatte. Der stand ihm mit so manchem wertvollen Rat zur Seite. „Ohne den Werner Schmidt,“ gesteht Polischko, „hätt‘ i des Projekt wahrscheinlich net bewältigt.“
Die Leidenschaft für eine Marke
Doch wieso sind es gerade die Eder-Bagger, die den Tüftler aus Untersteinbach so faszinieren? Von den Vorzügen des Eder, erzählt er gern, konnte er sich schon in jungen Jahren davon überzeugen, als er in die Lehre ging. Damals gründete der Vater eines Freundes eine eigene Erd- und Kabelbaufirma, bei der genau jene Vertreter der 13-Tonnen-Klasse des ehemals in Mainburg ansässigen Herstellers im Einsatz standen. Da dauerte es nicht lange, bis er jede freie Minute im Führerstand eines Eder verbrachte. So konnte er sich während der Lehre noch etwas dazu verdienen und sich zugleich jene traumwandlerische Sicherheit an dem Gerät aneignen, die heute von einem professionellen Baugeräteführer erwartet wird.
Bagger sowie später gerne auch einmal anspruchsvolle Restaurationsobjekte – diese Leidenschaft begleitet den sympathischen Handwerker bis heute: Seine Werkstatt ziert nicht nur die mustergültig geschweißte und lackierbereite Karosserie eines Ford Escort, an anderer Stelle wartet die bereits weit fortgeschrittene Restauration einer Fiat CA 40 Laderaupe auf ihren Abschluss, und in der gegenüber seiner Werkstatt gelegenen Scheune schlummern weitere Schätzchen, die ihre „Rettung“ noch vor sich haben. Doch Zeitmangel und die Frage nach der wirtschaftlichen Vertretbarkeit brachten viele Projekte wieder zum Erliegen. Mit dem Eder war das etwas anderes.
Baggern als Überlebensstrategie
Denn es war gerade sein Know-how und seine Beherrschung des Geräts, die ihm während der Finanzkrise das wirtschaftliche Überleben sicherte. Damals nahm der Auftragsrückgang bei seiner Bauflaschnerei existenzbedrohende Ausmaße an. „Komm‘ zur SER,“ riet ihm damals sein Freund Andreas Eberle, „wir haben gut zu tun!“ Die SER, ein regional bekanntes Abbruchunternehmen, hatte selbst damals volle Auftragsbücher und suchte dringend erfahrene Baggerführer. Rund drei Jahre arbeitete Polischko dort.
2012 konnte er sich zusehends wieder auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Schon vorher besorgte er sich seinen ersten Eder, eben genau jenen ersten 805er, der immer noch in altersgerechter Patina seinen Dienst versieht.
Bei seinem Freund Eberle, der inzwischen ein eigenes Erdbauunternehmen führt, hilft Polischko heute immer wieder mal als Springer aus. Und auch in seinem eigenen Betrieb haben Erdarbeiten mittlerweile einen Anteil am Gesamt-Auftragsvolumen von rund zwanzig Prozent. Wirtschaftlich gesehen spielt das Geschäft mit dem Eder also keine große Rolle. Aber niemand kann sich Jürgen Polischko ohne Bagger vorstellen.